[SJR] Inhaltlicher Newsletter: Kinderrechte und die Kinderpolitik der AfD?

Anlässlich des 35.Geburtstags der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November 2024

Am 20. November 1989 also vor 35 Jahren wurde ein wichtiger Schritt für die Rechte von Kindern weltweit erreicht: Die UN-Kinderrechtskonvention (UN-Krk) trat in Kraft und setzte einen wegweisenden, rechtlichen Rahmen, der den Schutz und die Förderung von Kindern weltweit gewährleisten soll. Sie stellt sicher, dass jedes Kind, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Sprache oder Religion, die gleichen fundamentalen Rechte auf Bildung, Beteiligung und Sicherheit hat.

Die UN-Krk bildet damit eine elementare Arbeitsgrundlage zahlreicher Organisationen, die sich für die Rechte von Kindern einsetzen. Auch Deutschland hat diesen Vertrag 1992 unterzeichnet und sich damit verpflichtet, die Kinderrechte in unserem Land zu verwirklichen. Wir als Stadtjugendring Potsdam e.V. sehen es als unsere Aufgabe, auf diese Rechte aufmerksam zu machen und politisches Handeln daran zu messen. Wir wollen sicherstellen, dass die Rechte der Kinder nicht nur erhalten, sondern weiter gestärkt werden! 

Zum bevorstehenden Geburtstag der Kinderrechtskonvention und im Vorfeld der nun schon sehr bald anstehenden Bundestagswahl im Februar 2025 möchten wir einen Blick auf die Kinderpolitik der Alternative für Deutschland (AfD) werfen. 

Die AfD wird 2025 ebenfalls zur Bundestagswahl antreten. In den allermeisten Bundesländern werden die Partei sowie einzelne Mitglieder vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall beobachtet, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gilt sie als gesichert rechtsextrem. Auch in Brandenburg wird sie als rechtsextremer Verdachtsfall geführt [1].

In der kürzlich veröffentlichten Analyse “Für Kinderrechte! Eine kritische Auseinandersetzung mit der Kinderpolitik der AfD” ,hat die Organisation TERRE DES HOMMES analysiert, inwieweit die politischen Forderungen der AfD den UN-Kinderrechten widersprechen. Diese Analyse ist besonders im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen von Bedeutung, da sie uns unterstützt, informierte Entscheidungen zu treffen und Parteien in Bezug auf ihr Handeln in Bezug auf die Rechte der Kinder zu hinterfragen.


Kurzer Überblick über die UN-Kinderrechtskonvention

Die UN-Kinderrechtskonvention lassen sich in Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte unterteilen und basieren auf folgenden grundlegenden Prinzipien:

  • Nicht-Diskriminierung: Alle Kinder haben die gleichen Rechte, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihren persönlichen Merkmalen.
  • Kindeswohl: Alle Maßnahmen, die das Kind betreffen, müssen in erster Linie dem Wohl des Kindes dienen.
  • Recht auf Leben und Entwicklung: Jedes Kind hat das Recht auf ein Leben in Würde, Sicherheit und die Förderung seiner physischen, geistigen, moralischen und sozialen Entwicklung.
  • Beteiligung: Kinder haben das Recht, ihre Meinung zu äußern und in Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen zu werden.

Einen Überblick über die UN-Kinderrechte und Projekte zum Thema Kinderrechte, die wir in den vergangenen Jahren durchgeführt haben, findet ihr auf unserer Homepage des Kinder- und Jugendbüros Potsdam.

Im nachfolgenden Abschnitt wollen wir nun auf konkrete Aussagen der AfD bzgl. ihrer Kinderpolitik eingehen.


Spotlight: Kinderpolitische Forderungen der AfD und (nicht-)Beachtung der UN-Kinderrecht

Die Politik der AfD stellt in vielen Bereichen einen klaren Widerspruch zu den Rechten der Kinder dar, wie in der Analyse von TERRE DES HOMMES “Für Kinderrechte! Eine kritische Auseinandersetzung mit der Kinderpolitik der AfD”, herausgearbeitet wurde. Beispielhaft anzuführen sind dabei folgende Punkte, die wir aus der Analyse wiedergeben und einordnen möchten: 

Flüchtlings- und Migrationspolitik:

  • Die AfD-Brandenburg möchte eine Migrationsobergrenze an öffentlichen Schulen einführen [2]. Das würde Kinder mit Migrationsgeschichte von Bildungsangeboten ganz direkt ausschließen. Das Recht auf Bildung (UN-Krk Art. 28) ist jedoch ein nicht zu veräußerndes und elementares Kinderrecht, das für alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft gilt. Damit konkretisiert es den Art. 2 der UN-Krk: Recht auf gleiche Rechte 
  • Weiterhin möchte die AfD die Familienzusammenführung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland verhindern [3]. Kinder haben laut UN-Krk Art. 24 das Recht, gesund zu leben, Geborgenheit zu finden und keine Not leiden zu müssen. Das kann besonders gut funktionieren im Zusammenleben mit der Familie, weshalb Kinder ein Recht darauf haben, mit ihren Familien in Deutschland vereint zu werden. Die UN-Kinderrechtskonvention fordert jedoch ausdrücklich, dass Minderjährige das Recht haben, mit ihren Familien wieder vereint zu werden.

Mit diesen Forderungen verfolgt die AfD eine Politik, die die Rechte von migrantisierten Kindern stark einschränkt und damit den Kinderrechten widerspricht.

Bildungspolitik:

  • Die Bundes-AfD fordert, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf aus der Regelschule auszuschließen [4] und in Förderschulen zu unterrichten. Inklusion aller Kinder, auch jene mit Förderbedarf, in das Regelschulsystem, ist jedoch ein Grundsatz der UN-Behindertenrechtskonvention und ein fundamentales Recht aller Kinder. Kinder mit sonderpädagogischen Bedarfen pauschal aus Teilen des sozialen Lebens auszuschließen und andere Bedarfe wie bspw. die nach sozialer Interaktion zu ignorieren widersprechen diesen Rechten (UN-Krk Art. 23 Förderung be_hinderter Kinder).
  • Die AfD strebt außerdem die Rückkehr zu einem autoritären Bildungssystem an, welches traditionelle Werte wie Gehorsamkeit, Leistung und Disziplin betont. Dies widerspricht den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, die auf eine kindgerechte und partizipative Bildung ausgerichtet sind. “Ein rein leistungsorientiertes, autoritäres Schulsystem widerspricht den Bildungszielen der UN-Kinderrechtskonvention. Kinder haben einen Anspruch auf gute und kindgerechte Bildung, [...] die [auf die] Entfaltung der Persönlichkeit ausgerichtet ist.“ [5]

Strafrechtliche Verantwortung:

  • Die AfD fordert, das Strafmündigkeitsalter auf 12 Jahre zu senken [6] und begründet das auf eine angeblich drastisch gestiegene Jugendkriminalität. Die aktuelle Forschung bestätigt diesen Anstieg jedoch nicht [7]. Kinder bereits im Alter von 12 Jahren strafrechtlich verantwortlich machen zu können, steht im Widerspruch zu den internationalen Standards. Der UN-Kinderrechtsausschuss definiert ein absolutes Minimum von 14 Jahren als Alter für Strafmündigkeit und bezieht dabei jüngste Entwicklungspsychologische Erkenntnisse ein. Darüber hinaus empfiehlt er den Vertragsstaaten jedoch höhere Mindestalter von 15 oder 16 Jahre [8]. Ein Senken der Strafmündigkeit widerspricht sowohl Erkenntnissen aus der Forschung als auch den Vorgaben der UN-Kinderrechte. Kinder können in diesem Alter noch nicht die volle Verantwortung ihres Handels tragen, da sie die Fähigkeiten, die Folgen ihrer Handlungen zu überblicken, noch nicht besitzen. Es liegt an uns Erwachsenen, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, dieses Verantwortungsbewusstsein herauszubilden.

Kinderrechte im Grundgesetz:

  • Die AfD lehnt es ab, Kinderrechte explizit im Grundgesetz zu verankern [9]. Ihre Position ist, dass Kinder schon jetzt Grundrechtsträger sind, aber eine gesonderte Erwähnung im Grundgesetz unnötig und sogar schädlich wäre, da es Elternrechte einschränken würde. Kinder brauchen eigene verankerte und damit für alle verpflichtende Rechte. Nur so kann sichergestellt werden, dass diese in allen sie betreffenden (politischen Entscheidungs-)Prozessen beachtet werden und auf ihre besondere Bedürfnisse als Kinder eingegangen wird.

Fazit und Ausblick

Die Umsetzung der UN-Kinderrechte in Deutschland ist leider nicht in allen Bereichen zufriedenstellend. Beispielsweise haben Kinder unterschiedlicher soziale bzw. ökonomischer Herkunft noch immer nicht die gleichen Bildungschancen [10]. Hier sind politische Entscheidungsträger*innen weiterhin in der Verantwortung, an den sozialpolitischen Bedingungen für Kinder und Jugendliche zu arbeiten. 

Die AfD nimmt an dieser Stelle eine besonders traurige Stellung ein, da ihre Kinderpolitik die Rechte der Kinder behindert und weiter abbauen möchte. Sie vertritt in vielen Bereichen eine Politik, die im Widerspruch zu den Prinzipien und Zielen der UN-Kinderrechtskonvention steht. Ihre Forderungen gefährden nicht nur die Rechte von Kindern mit Migrationshintergrund, sondern auch die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem sowie den besonderen Schutz von Kindern in der Gesellschaft.

Wir als SJR werden auch weiterhin auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen aufmerksam machen und für deren Schutz und Förderung eintreten. Gerade im Hinblick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen 2025 ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen, welche politischen Programme mit den Kinderrechten im Einklang stehen und welche diese gefährden.

Für Fragen oder wenn ihr euch zum Thema austauschen möchtet, meldet euch gern bei:

Nadja Tietz, Stadtjugendring Potsdam/KiJu-Büro
nadja.tietz@kijubuero-potsdam.de

Gemeinsam aktiv für die Rechte von jungen Menschen in Potsdam und überall!
Stadtjugendring Potsdam e.V.


Quellen